Politik und Lobbying sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne die politische Entscheidungsfindung gibt es keine gesetzlichen Grundlagen für wichtige Themen wie den Klimaschutz. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Stimmen und Bedürfnisse der betroffenen Branchen gehört werden. Als Verband vertreten wir die Interessen unserer Branche gegenüber der Politik, Behörden und anderen Verbänden.
Teller-Trog-Tank
In der Schweiz gilt der Grundsatz, dass Pflanzen zuerst als Nahrungsmittel, dann als Futtermittel und erst zuletzt als Treibstoff verwendet werden. Unter den derzeitigen Förderbedingungen ist es faktisch unmöglich, dass die Ackerbau basierte Produktion von biogenen Treibstoffen in der Schweiz überhaupt je eine Rolle spielen wird. Im Vordergrund stehen erneuerbare Treibstoffe aus biogenen Abfällen und Reststoffen.
Wie im Positionspapier des Bundesamtes für Energie BFE festgehalten wird, hat grundsätzlich eine möglichst sparsame und rationelle Energienutzung Priorität. In der Biomassestrategie des Bundes ist der Vorrang der Nahrungsmittelproduktion vor der energetischen Nutzung von Biomasse festgehalten. Zudem hält das Bundesamt für Energie BFE am Grundsatz fest, dass die energetische Nutzung von Biomasse weder in der Schweiz noch im Ausland zu direkten oder indirekten Verdrängungseffekten bei der Nahrungsmittelproduktion oder der Biodiversität führen darf.
Gesetzgebung
2007: Gründung Biofuels Schweiz, SKR-Projekte Bioethanol + Biodiesel
2008: Steuererleichterung für Biotreibstoffe
2008 bis 2012: 1. Kreditierungsperiode
1.1.2013: CO2-Gesetz tritt in Kraft / Gründung Stiftung KliK
2014 bis 2020: 2. Kreditierungsperiode
2018: Parlament versenkt Totalrevision CO2-Gesetz
2021 bis 2030: 3. Kreditierungsperiode
2021: Volk lehnt Totalrevision CO2-Gesetz ab
2021: Parlament verlängert bestehende Massnahmen bis 31.12.2024
ab 2022: Revision des bestehenden CO2-Gesetzes
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls und des Pariser Klimaabkommens hat sich die Schweiz verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Mit der Revision des CO2-Gesetzes tut sich das Parlament schwer. Nach dem Volks-Nein zur Totalrevision des CO2-Gesetzes im Juni 2021 steht nun eine moderate Revision zur Diskussion. Anreize statt neue Steuern und Abgaben gelten dabei als Prämisse. Hält das Parlament den Fahrplan des Bundesrates ein, tritt das revidierte Gesetz am 1. Januar 2025 in Kraft.
Das revidierte CO2-Gesetz sieht für Treibstoffimporteure eine Überführungspflicht für erneuerbare Treibstoffe vor, vergleichbar mit der Beimischungspflicht in den EU-Staaten. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, den Anteil der erneuerbaren Treibstoffe zwischen 5 und 10 Prozent festzulegen, gemessen am CO2-Ausstoss. Dazu kommt die bisherige Kompensationspflicht, die der Bundesrat zwischen 5 und 90 Prozent festlegen kann.
Mit dem revidierten CO2-Gesetz passt sich die Schweiz bei den sozialen und ökologischen Kriterien für nachhaltige erneuerbare Treibstoffe dem europäischen Standard an. Damit haben die Treibstoffimporteure künftig die Wahl zwischen steuerbefreiten erneuerbaren Treibstoffen nach den bisherigen Kriterien (Swiss Finish) oder massenbilanzierten erneuerbaren Treibstoffen ohne Steuererleichterung nach europäischem Standard.
Für die Umsetzung dieser Kompensationspflicht setzt sich die Stiftung KliK ein. Dabei handelt es sich um eine Kompensationsgemeinschaft, die Projekte zur Reduktion von Treibhausgasen unterstützt.
Das grösste CO2-Einsparpotenzial bieten nach wie vor die flüssigen Biotreibstoffe. Sie wirken unmittelbar und ohne Komforteinbusse in jedem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Die Autofahrerinnen und Autofahrer sowie Spediteure sparen inzwischen rund eine halbe Million Tonnen CO2 pro Jahr ein.
2013 - 2024
In der Zeit von 2013 bis 2024 werden Anreize gesetzt, um den Klimaschutz in der Schweiz voranzutreiben. Dazu gehören Busse für nicht kompensierte CO2-Emissionen sowie Steuererleichterungen für nachhaltige Biotreibstoffe. Zudem wird das Förder- bzw. Lenkungsmodell KliK eingesetzt, um den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren.
Ab 2025
Im Jahr 2025 tritt voraussichtlich das revidierte CO2-Gesetz in Kraft und ermöglicht eine Annäherung an die europäische Richtlinie RED II für fortgeschrittene Biotreibstoffe. Mit der Einführung der Massenbilanzierung und der Überführungspflicht wird es möglich sein, den Handel mit Biotreibstoffen zu vereinfachen. Ausserdem werden internationale Zertifizierungssysteme wie ISCC, REDCert und RSB anerkannt.
Zudem können weiterhin nachhaltige Biotreibstoffe mit dem sogenannten "Swiss Finish" importiert werden, was mit Steuererleichterungen verbunden ist. Neu können auch sogenannte "advanced biofuels" importiert werden, die mittels Massenbilanzierung ohne Steuererleichterung gehandelt werden können.
Weitere Massnahmen
Als weitere Fördermassnahme sind in der Schweiz erneuerbare Treibstoffe seit dem 1. Juli 2008 und noch bis zum 31. Dezember 2024 von der Mineralölsteuer befreit, sofern sie ökologische und soziale Mindestanforderungen erfüllen. Die Kriterien umfassen die Reduktion von CO2 und der Umweltbelastung, die Erhaltung des Regenwaldes und der Biodiversität sowie die Berücksichtigung von indirekten Auswirkungen. Stimmt das Parlament der Revision des CO2-Gesetzes zu, wird die Steuererleichterung bis Ende 2030 verlängert.
Im Einzelnen bedeutet dies:
Biotreibstoffe aus Abfällen und Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft sowie aus der Gastronomie (Frittieröl) sind in jedem Fall steuerbefreit.
Treibstoffe aus Raps oder Zuckerrohr sind nur dann steuerbegünstigt, wenn im Einzelfall eine positive ökologische Gesamtbilanz nachgewiesen wird. Dies ist bisher nicht gelungen.
Der Anbau von Palmöl, Soja oder Getreide gilt als Bedrohung für den Regenwald und die Biodiversität. Sie erhalten daher keine Steuererleichterung.
Markt und Entwicklung
Der Anteil biogener Treibstoffe in der Schweiz lag im Jahr 2010 lediglich bei 0,17%. Im Jahr 2019 stieg dieser Wert auf 6,7% beim Diesel- und 2,6% beim Benzinabsatz.
Mit dem neuen CO2-Gesetz steigt ab 2022 die Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure vorerst auf 15%. Dies wird zu einer weiteren Steigerung des Absatzes von nachhaltigen, erneuerbaren Treibstoffen führen.
Seit dem 1. Januar 2013 sind nur noch auf Abfällen und Reststoffen basierende biogene Treibstoffe von der Mineralölsteuer befreit. Die Oberzolldirektion (OZD) hat ihre Praxis beim Erteilen der Steuererleichterung in den letzten sieben Jahren laufend verschärft. Als Folge des neuen CO2-Gesetzes, das voraussichtlich am 1.1.2022 in Kraft tritt,
- werden ab dem 1.1.2024 keine Steuererleichterungen mehr gewährt;
- werden auch in der Schweiz sogenannte "advanced biofuels" analog der Erneuerbaren Energie Richtlinie (RED II) der EU akzeptiert.
Biodieselmarkt Schweiz
Bis 2012 verkauften die inländischen Hersteller sowie die Importeure von Biodiesel ihre Ware zu einem grossen Teil an Betreiber von LKW-Flotten und Baumaschinen. An der Tankstelle ist reiner Biodiesel (B100) praktisch verschwunden, das Geschäft hat sich mengenmässig nicht gelohnt. Ab 2013 stiegen die Importe markant. An vielen Tankstellen wird unterdessen B7 - Mineralöldiesel mit einem nicht zu deklarierenden Anteil von 7% Biodiesel - verkauft.
Bioethanolmarkt Schweiz
Bioethanol ist in der Schweiz als Beimischung zu Benzin Bleifrei 95 oder als E85 erhältlich. Beimischungen bis zu 5% sind gemäss SN EN 228 nicht deklarationspflichtig. E85 besteht zu 85% aus Bioethanol und zu 15% aus Benzin Bleifrei 95. Die Beimischung von 15% Benzin ist zur Verbesserung der Kaltstartfähigkeit notwendig. E85 ist ausschliesslich für Flex-Fuel-Fahrzeuge (FFV) geeignet. Schweizweit bieten rund 50 Tankstellen E85 an, Tendenz mangels Nachfrage sinkend.
Auch beim Bioethanol sind die - ausschliesslich importierten - Mengen seit 2014 stark angestiegen. Der deutlich tiefere Anteil erneuerbarer Komponenten beim Benzin ist darauf zurückzuführen, dass das aktuelle, bis 31.12.2024 gültige CO2-Gesetz keine Massenbilanzierung zulässt, wie sie bei Strom und Gas üblich ist. Den Nachweis der ökologischen und sozialen Mindestanforderungen für Bioethanol zu erbringen, ist daher ungleich schwieriger als bei Biodiesel. Das Gesetz verlangt zwar die Akzeptanz der technischen Standards. Die Behörden sind aber nicht bereit, eine aus technischen Gründen unvermeidliche Massenbilanzierung, und sei dies nur in klar umschriebenen Teilbereichen, zu akzeptieren.
In der Schweiz basieren Biotreibstoffe ausschliesslich auf tierischen oder pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen. So besteht beispielsweise der in der Schweiz verwendete Biodiesel zu 100% aus Altspeiseölen oder Schlachtabfällen. Diese erneuerbaren Treibstoffe erfreuen sich aufgrund der Klimadiskussion und der daraus resultierenden Gesetzgebung einer steigenden Nachfrage.
Bei den heute üblichen flüssigen Biotreibstoffen stehen Bioethanol als Benzinersatz und Biodiesel sowie HVO als Dieselersatz im Vordergrund. Biogas mit der gleichen Molekularstruktur wie Erdgas (Methan/CH4) gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Die Hoffnungsträger der Zukunft sind die synthetischen Biotreibstoffe und die Power-to-X-Technologie. Diese sind bis zum heutigen Zeitpunkt noch zu wenig ausgereift, um marktfähig zu sein. Experten rechnen mit einer Kommerzialisierung synthetischer Treibstoffe in den nächsten fünf bis zehn Jahren.
Durch die Konkurrenz zu der Nahrungsmittelproduktion sind Biokraftstoffe in der Vergangenheit oft in Kritik geraten. In der Schweiz basieren Biotreibstoffe ausschliesslich auf Abfall- und Reststoffen. In der EU sind durch die Anrechnung der Treibhausgaseinsparungen ähnliche Tendenzen zu beobachten. Zudem fordert die überarbeitete Renewable Energy Directive (RED II) eine höhere Quote für abfallbasierte Treibstoffe. Mehr dazu in der Rubrik Ethik.
Bei Biotreibstoffen wird zwischen der ersten, zweiten und dritten Generation unterschieden. Zur ersten Generation gehören Pflanzenöl-Kraftstoffe, Biodiesel und Bioethanol. Während bei der ersten Generation nachwachsende Rohstoffe wie Ölsaaten oder Zuckerrohr zur Treibstoffproduktion dienen, sind es bei der zweiten Generation Abfälle und Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft wie Holz, Ernterückstände, Energiepflanzen und Papier sowie tierische Fette. Diese stehen weder mit Nahrungs- noch mit Futtermitteln in Konkurrenz. Biotreibstoffe der dritten Generation stehen in der Entwicklungsphase. Biodiesel aus Algen sowie synthetische Kraftstoffe seien als Beispiele genannt. Diese weisen eine höhere Biomasse-Produktivität pro Fläche auf als herkömmliche Energiepflanzen. Teilweise ist es jedoch schwierig, die drei Generationen klar zu trennen. So sprechen Spezialisten auch von Biotreibstoffen der ersten Generation und solchen der nächsten Generationen (sog. advanced biofuels).
0063 Programm Biotreibstoffe Schweiz
Biofuels Schweiz ist der Programmeigner und Programmbetreiber des grössten KliK-Programmes. Durch dieses Programm werden die Biotreibstoffe bei der CO2-Einsparung angerechnet. In den Jahren 2018 und 2019 wurden durch das Programm gesamthaft rund 800'000 Tonnen CO2eq eingespart.
Mit dem Einsatz von Biodiesel und HVO wird fossiler Diesel und mit Bioethanol fossiles Benzin ersetzt. Dies geschieht entweder in reiner Form oder durch Beimischungen. Der Biotreibstoff wird entweder in der Schweiz produziert oder vom Ausland importiert. Der grösste Anteil Biotreibstoff stammt aus Deutschland.
Qualität
Der Verband "Biofuels Schweiz" setzt auf eine gesamtheitliche Qualitätsbetrachtung. Hierzu zählt das Housekeeping der Tanklager, die Zertifizierung der gesamten Lieferkette (BTCert) und die halbjährlichen, unangemeldeten Surveys zur Überprüfung der Biodieselqualität. Die Proben werden im Labor analysiert und mit ihrer Norm SN EN 14214 verglichen.
Weitere Informationen und Dokumente finden Sie im Kapitel Qualitätsmanagement.