In der Schweiz werden, dem Prinzip Teller-Trog-Tank folgend, nachhaltige Biotreibstoffe aus biogenen Abfällen produziert.
Biotreibstoffe gerieten – zum Teil zu recht, zum Teil zu unrecht – in den letzten Jahren in ein schiefes Licht. Der wohl grösste Kritikpunkt ist die Verwendung von Nahrungs- und Futtermitteln wie Zuckerrohr, Mais, Soja, Palmfrüchte, Raps, etc.für die Treibstoffproduktion. Eine indirekte Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie zeigt sich ausserdem beim Anbau von Energiepflanzen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dies ist für Kritiker mit Blick auf die Nahrungsmittelknappheit in vielen Ländern ethisch kaum vertretbar. Das Problem wurde durch die vermehrte Fokussierung auf Rest- und Abfallstoffe grösstenteils behoben.
Biotreibstoffe werden aber immer wieder über Gebühr gescholten. Vom Palmöl beispielsweise gelangen lediglich rund 2 % die die Treibstoffproduktion; 95 % (!) wandern in die Industrie, wo das Palmöl als
Grundstoff für Nahrungs- und Futtermittel, chemische und pharmazeutische Produkte und Kosmetika dient.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Umweltfreundlichkeit der Produktionsverfahren. Nicht bei allen fällt die Umweltbilanz positiv aus. Beispielsweise ist in der Kritik von der Wissenschaftsakademie Leopoldina
folgendes zu lesen:
„Die Wirtschaftsexperten der Wirtschaftsakademie Leopoldina sind zum Schluss gekommen, dass die Erzeugung von Biodiesel, Bioethanol und Biogas, mit Ausnahme der direkten energetischen Umwandlung von organischen Abfällen, deutlich mehr Fläche verbraucht als andere regenerative Energiequellen, mehr Treibhausgase in den Landwirtschaftsbetrieben verursacht, die Nährstoffbelastung der Böden und Gewässer fördert und in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht.“
Der Anbau bestimmter Rohstoffe wie beispielsweise Mais und Zuckerrohr beeinflusst die Energiebilanz negativ. Dabei spielt auch die Anbaumethode eine grosse Rolle. Insbesondere die Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion auf ökologisch wertvolle Gebiete wie beispielsweise Regenwälder muss vermieden werden. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der Technologien, aber auch durch die vermehrte Verwendung von Abfallprodukten anstelle angebauter Lebensmittel, wurden auch diese Nachteile verringert. Weitere Kritik richtet sich an die vermeintlich schlechte Umweltbilanz von Biotreibstoffen. Diese beziehen sich jedoch immer auf die Produktion durch Anbau von Energie-Pflanzen. Einige Prozesse zur Herstellung biogener Treibstoffe sind noch nicht vollständig entwickelt und ausgereift. In den letzten Jahren hat sich die Branche jedoch stark weiterentwickelt und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die zurückliegenden biogenen Treibstoffe wettbewerbsfähig sind. Auch die Effizienz einzelner Rohstoffe für die Energiegewinnung ist noch optimierbar.
Ein Grossteil der Wertschöpfung entsteht bei den biogenen Treibstoffen nicht durch den Anbau der Agrarrohstoffe, sondern durch die Verarbeitung der Energiepflanzen. Die Beteiligung der lokalen Bevölkerung an der Produktion und damit an der Wertschöpfung ist das Ziel der dezentralen Biotreibstoffprojekte.
Besonders geeignet hierfür sind Energiepflanzen, die arbeitsintensiv (z.B. Rizinusöl, Jatrophaöl oder Babaçu) und manuell geerntet werden müssen. Der Anbau von Jatropha curcas und die Nutzung von Pflanzenöl im kleinen Massstab kann beispielsweise zu einer Belebung der ländlichen Wirtschaft und zu einer Dezentralisierung in der Energieversorgung beitragen.
Brasiliens Biodieselprogramm fördert Rizinus- und Palmölproduktion im Norden und Nordosten des Landes, mit dem Ziel, 400’000 Arbeitsplätze zu schaffen. Seit November 2005 kauft die staatliche Petroleumgesellschaft PETROBRAS der aus kleinbäuerlicher Produktion stammende Biodiesel auf und mischt ihn dem konventionellen Dieseltreibstoff bei.
Im US-Bundesstaat Minnesota werden viele Ethanolanlagen durch Kooperativen bewirtschaftet, nachdem der Staat einen Vorschuss von 0,65 Euro pro Liter für die ersten 57 Mio. Liter Ethanol bezahlte. Heute wird in Minnesota 40 % des Ethanols in Anlagen produziert, welche durch Bauernkooperativen betrieben werden.
Auch Länder wie Malaysia, Indonesien, Thailand und die Philippinen fördern die Produktion von biogenen Treibstoffen aus lokalen Energiepflanzen im Hinblick auf die regionale Wertschöpfung. Mali und Senegal fördern die Produktion von Jatropha-Öl für den lokalen Gebrauch in Öl-Lampen oder Öl-Kochern. Speziell Randregionen erreichen durch eine regionale Nutzung eine grössere finanzielle Unabhängigkeit und eine sichere Versorgung. Die Forschung und Entwicklung an Maschinen, welche direkt mit Pflanzenöl betrieben werden können, dürfte diesen Effekt noch verstärken.
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Bei fossilen Treibstoffen wie Benzin und Diesel werden vor allem bei der Verbrennung im Fahrzeug CO₂ und andere Treibhausgase ausgestossen. Bei den biogenen Treibstoffen hingegen ist die Verbrennung weitgehend CO₂-neutral, weil nur so viel CO₂ freigesetzt wird, wie von der Pflanze aus der Luft gebunden wurde. Bei vielen biogenen Treibstoffen kann daher der Ausstoss von Treibhausgasen im Vergleich zu Benzin und Diesel reduziert werden.
Die weiteren Effekte biogener Treibstoffe auf das Klima und die Umwelt sind in verschiedenen Studien untersucht worden. Bei der Beurteilung der Auswirkungen von biogenen Treibstoffen auf Klima und Umwelt ist die gesamte Wertschöpfungskette vom Anbau von nachwachsenden Rohstoffen bzw. der Verwendung von Abfall- und Reststoffen bis zum Verbrauch der Treibstoffe zu berücksichtigen.
Einige biogene Treibstoffe können daher bei Aspekten wie Biodiversitätsverlust oder Luftbelastung höhere Belastungen als fossile Treibstoffe verursachen. Negative Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt entstehen oft beim Anbau der Rohstoffe und sind deshalb stark von der Anbaumethode abhängig. Besonders kritisch zu betrachten ist die Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion auf ökologisch wertvolle Gebiete wie beispielsweise Regenwälder. Die geringsten Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt haben biogene Treibstoffe aus Abfall- und Reststoffen aus der Land- und Forstwirtschaft sowie aus der Restauration.
In der EU gilt seit 2009 die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (2009/28/EG), welche den EU-Mitgliedsstaaten vorschreibt, bis 2020 den Anteil an erneuerbaren Energien auf 20 % des gesamten Treibstoffverbrauches zu erhöhen.
In den USA existieren seit dem EnergyPolicyAct 2005 die Ziele zur Förderung von Biotreibstoffen. Ähnlich der Ziele der EU sollen in den USA die biogenen Treibstoffe bis 2020 einen Anteil von 20 % des Gesamtbedarfs abdecken. Für die Erreichung dieses Ziels gibt es in jedem Bundesstaat andere Massnahmen, wie beispielsweise Beimischungsquoten, Produktionsanreize oder Umsatzsteuerermässigungen.
In Brasilien wird mit dem ProAlcool-Programm bereits seit 30 Jahren die Beimischung von Bioethanol zu Benzin vorgeschrieben. Die Beimischungsquote liegt bei 20 bis 25 %. Tankstellen in Brasilien sind verpflichtet, sowohl mit 25 % Ethanol vermischtes Benzin (E25) als auch reines Ethanol (E100) anzubieten. Die Beimischungspflicht wurde begleitet von Subventionen für die Produktion oder von steuerlichen Erleichterungen für Flex-fuel Fahrzeuge oder solche, die mit reinem Ethanol betrieben werden.
Weltweit werden Anstrengungen unternommen, um fossile Treibstoffe durch biogene Treibstoffe zu ersetzen. Hier ein Überblick über die Förderinstrumente:
Befreiung von der Mineralölsteuer: In vielen europäischen Ländern werden biogene Treibstoffe bei der Mineralölsteuer bevorzugt (z.B. Belgien, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Italien, Litauen, Slowenien, Spanien, Schweden). In Deutschland wurde die steuerliche Erleichterung für biogene Treibstoffe unterdessen abgebaut.
Subventionierung oder steuerliche Anreize für die Produktion: Steuerliche Anreize auf der Produktionsseite sind in Südamerika verbreitet (z.B. Argentinien, Bolivien, Brasilien, Kolumbien und Paraguay). Subventionen für die Produktion von biogenen Treibstoffen sind zentrale Fördermassnahmen in den Vereinigten Staaten und in Kanada.
Quoten zur Beimischung: In den vergangenen Jahren haben die Europäische Union, zahlreiche Länder in Nord- und Südamerika sowie in Asien (Thailand, Philippinen, etc.) Quoten zur Beimischung von biogenen Treibstoffen eingeführt.
Die Schweiz dagegen kennt keine Beimischungquoten. Der stark gestiegene Anteil von Biotreibstoffen basiert auf der Kompensationspflicht, die im CO₂-Gesetz verankert ist.
Biotreibstoffe Schweiz
Seit Jahren kämpft Biofuels Schweiz für nachhaltige Biotreibstoffe und setzt sich für deren Zertifizierung nach einem europaweit geltenden Standard ein. Denn oft wird an der guten Umweltbilanz von Biotreibstoffen gezweifelt. Mit Zertifikaten kann man dem entgegenwirken und eine nachhaltige und ökologisch sinnvolle Produktion garantieren. Die Zertifizierung basiert auf der EU-Richtlinie 2009/28/EG, welche 2009 von der Europäischen Union festgelegt wurde.
Die EU anerkennt mittlerweile sieben Zertifizierungssysteme. Am weitesten verbreitet sind ISCC und REDcert.
Treibstoffe sind Massengüter, die keine Grenzen kennen. Geradezu stossend ist deshalb der Umstand, dass die Schweiz keinen dieser Zertifizierungsstandards anerkennt – auch nicht den in der Schweiz entwickelten Zertifizierungsstandard von RSB der ETH Lausanne, den wiederum alle 27 Länder der EU anerkennen. Anstatt die klimatechnisch unbestrittenen Vorteile der Biotreibstoffe zu nutzen, steht die offizielle Schweiz hier immer noch quer in der Landschaft.
Zertifizierung in der Schweiz: BTCert
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Die Produktion von biogenen Treibstoffen ist in den vergangen Jahren stark angestiegen. Der Anteil biogener Treibstoffe am gesamten Treibstoffverbrauch lag 2009 weltweit bei etwa 3 % gemäss dem World Energy Outlook der IEA. Bis 2050 soll der Anteil flüssiger und gasförmiger Biotreibstoffe auf 27 % steigen. Bezogen auf den weltweiten Energieverbrauch ist die Bedeutung der biogenen Treibstoffe geringer, im Jahr 2008 lag der Anteil bei 0.5 %. Seither ist die Produktion von biogenen Treibstoffen zwar weiter gestiegen, gleichzeitig jedoch auch der weltweite Energieverbrauch. In Deutschland lag der Anteil der Biotreibstoffe am gesamten Treibstoffmarkt im Jahr 2015 bei 4,8 %.
Zurzeit sind auf dem Markt Bioethanol und Biodiesel sowie in steigendem Masse auch HVO in grossen Mengen verfügbar. Die Produktion von Biomethan weist noch keine vergleichbaren Mengen auf, die sogenannten „advanced biofuels“, Biotreibstoffe der 3. Generation, sind noch nicht marktreif. Gemäss IEA wird ein Durchbruch dieser Technologien in grösserem Massstab erst in 10 Jahren erfolgen.
Sowohl die Ethanol- als auch die Biodieselproduktion nimmt weltweit weiterhin zu. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise und des tieferen Rohölpreises gab es im Jahr 2009 eine Verlangsamung des Wachstums. Wie aus der obenstehenden Abbildung ersichtlich, wurden 2010 und 2011 mehr als viermal so viel Ethanol wie Biodiesel produziert.
Biodiesel wird vor allem in der EU hergestellt, zumeist aus Ölpflanzen wie Raps oder Sonnenblumen, in steigendem Mass aber auch als gebrauchtem Fritieröl und aus freien Fettsäuren, die nicht mehr als Futtermittel genutzt werden können. In den USA (und Brasilien) produziert man Biodiesel hauptsächlich aus Sojaöl, in tropischen Ländern (Indonesien, Malaysia, Ecuador, Brasilien) vermehrt aus Palmöl, wobei grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen.
Die weltweite Produktion von Bioethanol erfuhr in den Jahren 2006 bis 2010 die grössten Steigerungsraten. Seither stieg die Produktion nur noch moderat auf knapp 100’000’000 m3 im Jahr 2015. Die weltweite Biodieselproduktion lag 2015 bei gut 30’000’000 m3.
Die Kosten für die Produktion von biogenen Treibstoffen sind je länger je mehr von den verwendeten Rohstoffen und Produktionsverfahren abhängig.
Durch die gestiegene Nachfrage an nachhaltigen Biotreibstoffen stiegen in den letzten zwei Jahren auch die Preise für gebrauchte Fritieröle stark an. Durch den Ölpreiszerfall im 2015 fielen die Preise für Biodiesel daher nur moderat.
Biofuels Schweiz
Schweizerischer Verband der Biokraftstoffe
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